In der richtigen Balance zwischen Wachstum und Reife liegt der Schlüssel für perfekt gereifte Roter Veltliner Trauben. Dafür braucht es von den Winzer:innen viel Fingerspitzengefühl. © Hans Wimmer-Czerny

Eine Winzergruppe hisst die Flaggen für Bio-Roter Veltliner!

Roter Veltliner gilt als eine der europäischen Ur-Sorten und ist doch nur mehr auf ganz kleinem Raum vorzufinden. Daher haben sich acht österreichische Bio-Winzer:innen zusammengetan, um der autochthonen Rebsorte die verdiente Aufmerksamkeit zurückzugeben. Als Würdigung für ihre Bemühungen haben sie dafür die begehrte Anerkennung als Presidio-Projekt von der Internationalen Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt bekommen. 

Acht Bio-Winzer:innen bilden die Gründergruppe Slow Food Community „Roter Veltliner Donauterrassen“. Sie haben in den vergangenen Jahren viel Energie in die Erforschung und Entwicklung der Rebsorte investiert und damit einen wichtigen Beitrag zum Erhalt eines bedeutenden Stücks weingeschichtlichen Kulturguts geleistet, wie wissenschaftliche Arbeiten des Molekulargenetikers Dr. Ferdinand Regner zeigen. Demnach zählt Roter Veltliner gemeinsam mit Traminer und Heunisch zu jenen Leitsorten, die ganz wesentlich zur Entwicklung des europäischen Sortenspektrums beigetragen haben. Darüber hinaus repräsentiert Roter Veltliner eine lokale Ur-Rebe (Genotyp), während Traminer und Heunisch als sehr internationale Sorten zu betrachten sind. Zu den „Kindern“ des Roten Veltliners zählen etwa Rotgipfler, Frühroter Veltliner, Neuburger und Zierfandler.

Die Ried Wadenthal gilt als eine der Paradelagen für Roten Veltliner. Mehrere Winzer:innen der Slow Food Community Roter Veltliner Donauterrassen bewirtschaften hier Weingärten. © Christine Miess

Wissen sammeln und teilen

Im Februar 2020 haben sich die Bio-Winzer:innen offiziell zum Verein „Roter Veltliner Donauterrassen“ zusammengeschlossen. Sie beziehen sich damit auf das historische Vorkommen der Sorte, das laut DNA zurück bis in die Zeit der Römer reicht. Dem entspricht auch das Herzstück ihrer Mission – die genaue Dokumentation der Geschichte des Roten Veltliners sowie die Weiterentwicklung der Sorte entlang der Donauterrassen in Österreich und damit über die weinbaupolitischen Grenzen hinaus. Um den Roten Veltliner fit für die Zukunft zu machen, werden in jedem Weingut ausgewählte, besonders vitale Stöcke selektioniert und vermehrt. So wird die Sorte noch unabhängiger von Wettereinflüssen, Klimawandel und dem Zutun der Winzer:innen. Doch die Gruppe will noch weiter gehen und je Weingut eine eigene Hoflinie mit spezifischem Charakter schaffen. Damit kann noch mehr Wissen gesammelt, geteilt und an die nächste Generation weitergegeben werden. Zudem ist diese intraspezifische Diversität auch als eine Art Lebensversicherung für etwaige kommende Herausforderungen durch die Natur zu erachten.

Die Grundwerte der Slow Food Community Roter Veltliner Donauterrassen lauten: „gut, sauber, fair“. Als Teil des internationalen Slow Food-Netzwerks hat für sie der Schutz der Umwelt höchste Priorität. © Christine Miess

Individuell und biodivers

Üblicherweise pflegt jeder Winzer, jede Winzerin eine sehr individuelle Herangehensweise, wenn es um Weingartenarbeit und Vinifikation geht. Die Winzergruppe Roter Veltliner Donauterrassen hat hier in bedachtsamer Annäherung eine gemeinsame Philosophie definiert, welche beispielsweise Parameter wie Handlese oder die Förderung der Biodiversität in den Weingärten (Nistkästen, Greifvogelstangen, etc.) umfasst. In der Vinifikation sind es unter anderem Spontanvergärung oder Vergärung mit eigenen Hefen, ein Aufbesserungsverbot, Verzicht auf tierische Schönungsmittel und der Verkauf des neuen Jahrgangs frühestens nach dem ersten Frühlingsvollmond.

Roter Veltliner und weitere kulinarische Slow Food Produkte zur Verkostung: Die Schneckenpartie Vol. 1 2020 auf Gut Oberstockstall war Teil des Auftakts der neuen Slow Food Community Roter Veltliner Donauterrassen. © Christine Miess

Die Winzer:innen der Slow Food Community Roter Veltliner Donauterrassen Austria

  1. Familien-Weingut Wimmer-Czerny
  2. Bioweingut Herbert Schabl
  3. Bioweingut Mantlerhof
  4. Bioweingut Soellner
  5. Weingut Salomon Gut Oberstockstall
  6. Bioweingut Obenaus
  7. Weingut Elias Haidl
  8. Bioweingut Familie Bauer

Was zeichnet Slow Food Presidio-Projekte aus?

Es ist den Winzer:innen ein Anliegen, den Stellenwert der Rebsorte in jenes Licht zu rücken, das ihr sowohl aufgrund ihrer Vorzüge als Wein als auch in ihrer historischen Bedeutung gebührt. 2020 wurde ihrem Engagement durch die internationale Slow Food Stiftung mit der Anerkennung des Bio-Roten Veltliners als Presidio-Projekt Rechnung getragen. Presidi (singular: presidio = ital. für Schutz) sind Projekte von Slow Food, welche von der Slow Food Stiftung für biologische Vielfalt unterstützt werden. In den meisten Fällen entsteht ein Presidio aus dem Willen und der Notwendigkeit, ein Produkt zu schützen, das von der Arche des Geschmacks katalogisiert wurde; häufig geht aber das Projekt über den Schutz eines einzelnen Produkts hinaus. 

Leseempfehlung:
The Revival of the Roter Veltliner Grape, and the Role of Slow Food

Slow Food war zu Gast bei Roter Veltliner Donauterrassen Presidio-Obmann Hans Czerny, um mit ihm über die Bedeutung des Roten Veltliners und die Entstehung des Presidio-Projekts zu sprechen. Der Artikel kann auf der Slow Food Website nachgelesen werden. >> Zum Artikel